Das Werk

Philosophisches Leben und philosophisches Werk

... sind für Jaspers nicht zu trennen. An der Redlichkeit der Selbstbesinnung, am Mut, die eigenen existenziellen Fragen als existenzielle Fragen des Menschen zu stellen, und an der Unbekümmertheit gegenüber möglicher Kritik musste sich erweisen, ob sein Denken etwas Substanzielles zu bieten hatte. 

Das erklärt, warum weite Teile seines Werkes nach 1945 fragmentarischen Charakter besitzen. Auch wenn sie gross angelegt und selbst bei normaler Lebenserwartung kaum zu realisieren waren, blieben sie nicht zuletzt deshalb unvollendet, weil Jaspers die Arbeit daran immer wieder unterbrach, um sein Denken in der Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen zu bewähren. 

Vor diesem Hintergrund wird auch die Vielzahl autobiografischer Schriften aus den Jahren nach 1945 verständlich. In ihnen band Jaspers das philosophische Werk an das philosophische Leben zurück, indem er zeigte, aus welchen Motiven es entstanden war und durch welche Erfahrungen es sich entwickelt hatte. Auf diese Weise machte er seinen Denkweg von der Psychopathologie über die Philosophie zur Politik transparent.  

Unentbehrlich war dabei für ihn die Auseinandersetzung mit den grossen Philosophen, die sein Denken nachhaltig prägten. Allen voran: Kant und Kierkegaard und unter den noch lebenden Max Weber, dann Nietzsche und später Platon, darüber hinaus Spinoza, Cusanus, Bruno, Schelling, Goethe, Hegel, Augustinus.

Zentrale Werke in chronologischer Übersicht

Psychopathologie und der Übergang zur Philosophie (1908-1932)

1908: Heimweh und Verbrechen (Promotion Dr. med.)

1910: Eifersuchtswahn. Ein Beitrag zur Frage: «Entwicklung einer Persönlichkeit» oder «Prozeß»? - Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

1911: Zur Analyse der Trugwahrnehmungen (Leibhaftigkeit und Realitätsurteil)

1912: Die Trugwahrnehmungen - Die phänomenologische Forschungsrichtung in der Psychopathologie

1913: Allgemeine Psychopathologie (Habilitation in Psychologie) - Kausale und «verständliche» Zusammenhänge zwischen Schicksal und Psychose bei der Dementia praecox (Schizophrenie) - Über leibhaftige Bewußtheiten (Bewußtheitstäuschungen). Ein psychopathologisches Elementarsymptom

1919: Psychologie der Weltanschauungen

1921: Max Weber (Gedenkrede)

1922: Strindberg und van Gogh

1923: Idee der Universität

1931: Die geistige Situation der Zeit

1932: Philosophie (Bd. 1: Philosophische Weltorientierung; Bd. 2: Existenzerhellung; Bd. 3: Metaphysik)  - Max Weber

Publikationen während der NS-Zeit und unmittelbar nach Kriegsende (1933-1947)

1935: Vernunft und Existenz

1936: Nietzsche

1937: Descartes

1938: Existenzphilosophie

1946: Allgemeine Psychopathologie (Neubearbeitung) - Die Schuldfrage - Die Idee der Universität (Neufassung)

1947: Von der Wahrheit

Die Zeit in Basel (1948-1969)

1948: Der philosophische Glaube

1949: Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

1950: Einführung in die Philosophie - Vernunft und Widervernunft in unserer Zeit

1951: Rechenschaft und Ausblick

1953: Lionardo als Philosoph

1954: Die Frage der Entmythologisierung

1955: Schelling

1957: Die grossen Philosophen

1958: Die Atombombe und die Zukunft des Menschen - Philosophie und Welt

1960: Freiheit und Wiedervereinigung

1961: Die Idee der Universität (Neufassung)

1962: Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung

1964: Nicolaus Cusanus

1965: Kleine Schule des philosophischen Denkens - Hoffnung und Sorge

1966: Wohin treibt die Bundesrepublik?

1967: Antwort - Schicksal und Wille - Philosophische Aufsätze

1968: Aneignung und Polemik

1969: Provokationen

Die Primärbibliographie

Hier finden Sie eine Bibliographie mit (fast) allen bekannten Schriften von Karl Jaspers

Klicken Sie auf das Bild, um zur Bibliographie zu gelangen

Psychopathologie

Nachdem Jaspers einige psychopathologische Arbeiten veröffentlicht hatte, bekam er 1911 von Springer den Auftrag, ein psychopathologisches Lehrbuch zu schreiben. Er ging die Aufgabe in einer für ihn charakteristischen Art und Weise an. In der unübersichtlichen Fülle dessen, was es an Kategorien und Methoden, Forschungsrichtungen und Therapieansätzen gab, bemühte er sich um begriffliche Klärung und sachliche Ordnung. Alles, was ihm begegnete, unterzog er einer kritischen Prüfung.

Existenzphilosophie

Mit der 1919 erschienenen „Psychologie der Weltanschauungen“ vollzog Jaspers den entscheidenden Schritt zur Existenzphilosophie. Vordergründig blieb er noch der wissenschaftlichen Haltung verpflichtet, die er in der „Allgemeinen Psychopathologie“ eingenommen hatte,  indem er in unvoreingenommener Betrachtung die treibenden Kräfte und letzten Positionen der Seele zu klären suchte.

Vernunftphilosophie

Die Zuspitzung der Existenzphilosophie auf den Einzelnen brachte die Gefahr mit sich, das logische Fundament des Denkens des Allgemeinen zu vergessen und zu verlieren. Jaspers suchte deshalb in den 30er-Jahren nach einer logischen Grundlegung seines Denkens, die sowohl der Existenzphilosophie als auch einer Philosophie der Vernunft genügen konnte.

Religionsphilosophie

Jaspers hat in zahlreichen Schriften religionsphilosophische Gedanken reflektiert. Das begann 1919 mit der „Psychologie der Weltanschauungen“ und endete 1964 mit dem Buch über Nikolaus Cusanus. Die Höhepunkte dieser Reflexion waren die Metaphysik der Chiffren, das Konzept des philosophischen Glaubens und die Kritik der Offenbarungsreligionen.

Weltphilosophie

Dachte Jaspers zunächst in europäisch-abendländischen Dimensionen, so öffnete er sich ab 1937 dem fernöstlichen Denken. Der befreundete Indologe Heinrich Zimmer hatte ihn zum Studium von Konfuzius, Laotse und Nagarjuna angeregt. Jaspers gewann daraus die Einsicht vom dreifachen Ursprung der Philosophie in China, Indien und Europa.

Politik

Mit seiner Rede „Wahrheit, Freiheit und Friede“ zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958 betrat Jaspers die politische Bühne als engagierter Kritiker der Bundesrepublik.  

Welche Wirkung hat Karl Jaspers' Werk auf die Nachwelt ausgeübt? Erfahren Sie hier mehr darüber.

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